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Historie

Vöckinghausen war die Heimat von Hansekaufleuten

(Von Herbert Westermann)

Der Name Vöckinghausen ist wahrscheinlich entstanden aus "Fuc", "Foc" als Kurz- oder Koseformen des Personennamens Folco, Folc, Vocco, Focco. Nach anderer, weniger wahrscheinlicher Ansicht ist "Vock" allerdings ein prähistorisches Wort für "Sumpf", "Moor". Nach noch anderer Meinung hat das Wort Vöckinghausen als Bezugspunkt Wick, also Handelsplatz. Die "inghausen" - Endungen lassen eine Entstehung der Siedlung zwischen dem 7. und 9. Jahrhundert vermuten. Es gibt in Westfalen über 2000 Orte mit "hausen" - Endungen. Sie verweisen aufHerbert Westermann mit Hunsteger-Petermann eine Gruppe von Wohnsitzen mit einem Hauptsitz. 890 schon erwähnt Bislang wurde von einer Ersterwähnung der Bauernschaft Vöckinghausen bei Hamm im Jahre 1321 ausgegangen. In den Urbaren (Heberegister) der Abtei Werden an der Ruhr wird jedoch bereits für die Zeit um 890 ein Vöckinghausen im Brukterergau genannt. Obwohl es eine Anzahl weiterer Orte mit Namen Vöckinghausen (bei Melle, Bestwig, Hückeswagen, Fredeburg) sowie ein Gut Vocking bei Buer gab, kann davon ausgegangen werden, daß in Werdener Urbaren die Baauernschaft Vöckinghausen bei Hamm gemeint ist. Für Interessenten ist der Verfasser gerne zu einer ausführlichen Begründung bereit. Die Nennung Vöckinghausen in den Werdener Urbaren hat folgenden Hintergrund: Das Kloster Werden wurde von Liudger, dem ersten Bischof von Münster um 800 gegründet. Er verschaffte dem Kloster aus eigenem Vermögen und durch fromme Stiftungen in den Gemeinden, wohin ihn sein Wanderleben führte einen ansehnlichen Streubesitz. Doch auch nach Liudgers Tod 809 vergrößerte sich noch der Besitzstand des Klosters, namentlich in Westfalen: Längs des Hellwegs von Wattenscheid aus ostwärts um Bochum, Dortmund, Unna, Werl, und Soest reihte sich ein ansehnlicher Grundbesitz des Klosters Werden Zur Sicherung des überkommenen Streubesitzes erstellte das Kloster ein Verzeichnis des gesamten Klostergutes. Das älteste erhaltene Heberegister wurde um 890 fertiggestellt. Dabei entstand der Vöckinghausen betreffende Teil schon um 882. Brunrad war der Erste Orientiert man sich jedoch an dem Datum der Fertigstellung des sogenannten "Grundwerkes A 1", also am Jahr 890, so könnte Vöckinghausen im Jahre 2001 sein 1111-jähriges Bestehen feiern, zusammen mit dem ebenfalls aufgeführten Eilmsen ( Egilmaringhausen). Die vorgenannte Eintragung in dem Werdener Heberegister lautet: "In uilla Uokinghusun Brunrad liber XII mo. ordei. In eadem similiter et uterque unam mansionem". Am Rande ist von späterer Hand "Vockink" ergänzt. Es werden also ein freier Mann namens Brunrad und ein weiterer Abgabepflichtiger ohne Namensnennung genannt. Brunrad hat 12 Mo. ordei (= Gerste / Sommergerste) abzuliefern, desgleichen der zweite Abgabepflichtige, und beide zusammen werden zu einem mansionem (= eine Hufe) veranlagt.

Brunrad hatte 12 Mo. Gerste abzuliefern. Mo. (= modios = modium = mudde = schepel = mutte = Scheffel) war ein - abhängig von Ort und Zeit in seiner Größe schwankendes - Hohlmaß, insbesondere für Getreide. Bei Brunrad mag ein Mo. etwa 50 Litern entsprochen haben so daß er etwa 600 Liter Gerste abzuliefern hatte. Der mittellateinische Begriff "mansus" (= Hufe) bezeichnet die zum Lebensunterhalt notwendige Hofstätte der bäuerlichen Familie mit Ackerland und Nutzungsrecht an der Allmende. Seit der fränkischen Zeit ist die Hufe die Grundeinheit für die Zumessung von Diensten und Abgaben an die Grundherrschaft. Die Hufe ist kein festgelegter Maßbegriff, ihre Durchschnittsgröße beträgt sieben bis zehn Hektar. Die Angabe von einer Hufe bei Brunrad besagt nicht, daß er über genau eine Hufe verfügte; die Angabe ist vielmehr eine fiktive Größe, dient als eine Grundlage für Abgaben. Als Abgabe für eine Hufe galt meistens ein Schilling. Ein Schilling entsprach 12 Denar (Pfennig). Der Wert um 1370 geht aus nachstehendem Vergleich hervor.

Preise um 1370
1 Scheffel Roggen  10 Pfennig 
1 Pferd  576 Pfennig  48 Schilling  4 Mark 
1 Kuh  288 Pfennig  24 Schilling  2 Mark 
1 Seite Speck  96 Pfennig  8 Schilling 
1 Sattel  1108 Pfennig  9 Schilling 
1 Scheffel Malz  14 - 15 Pfennig 

Brunrad wird ausdrücklich als "liber" (freier Mann)
bezeichnet. Freie saßen damals auf den Königshöfen, aber auch auf Kirchenland. Ihre Abgabepflicht beschränkte sich im wesentlichen auf eine feste Getreideabgabe. Brunrad gehörte zum niederen sächsischen Uradel der Edelfreien (vgl. unten). Auch der zweite in den Werdener Urbaren unter Vöckinghausen angeführte Mann war ein freier Mann. Dies geht daraus hervor, daß er - ebenso wie Brunrad - keinen Heerschilling zu zahlen hat, also keine Abgabe für das Reichsheer. Da Brunrad und der andere Pflichtige freie und adelige Männer waren, leisteten sie selbst Heeresdienst. Im Gegensatz dazu handelt es sich bei den in dem Werdener Register unter Eilmsen (Egilmaringhusen) aufgeführten Pflichtigen um Hörige, da sie den Heerschilling zu zahlen hatten. Aus dem Jahre 1262 liegt eine Urkunde vor, in der Graf Gottfried lll von Arnsberg bekundet, daß das Kloster Benninghausen seine Anrechte auf einen streitigen Weg im Vogtgericht Heppen erwiesen habe. Unter einer Vielzahl von Zeugen dieser in Heppen ausgefertigten Urkunde wird ein Bruno de Vockinchusen genannt. Es fällt auf, daß bei der Ersterwähnung Vöckinghausens (vgl. oben) von einem Brunrad die Rede ist. Es ist nicht auszuschließen, daß die Stammsilbe Brun über Jahrhunderte hinweg Leitname eines in Vöckinghausen angesiedelten Geschlechtes war. Bruno de Vockinchusen wird in der Urkunde ausdrücklich unter den "liberi" angeführt. Diese Freien sind nicht mit den "liberti" (Freigelassene oder Frielinge) zu verwechseln. Die "liberi" standen zwischen den "nobiles" und den "liberti". Sie zählten zum sächsischen Uradel der Edelfreien. Sie standen den "nobiles" in Wehrgeld und Buße gleich und konnten das Schöffenamt ausüben ( Schöffenbarfreie). Diese Freien machten bis zum Entstehen der Ministeralen den eigentlichen und wirklichen niederen Uradel aus. Teilweise traten sie später den ritterlichen Ministeralen bei, allerdings nur unter dem Vorbehalt ihrer hergebrachten adeligen Rechte.

Es besteht eine Vielzahl von Urkunden aus der Mitte des 13. Jahrhunderts, in denen unter den Zeugen "liberi" aufgeführt sind, die mit "de" gebildete Namen tragen und eindeutig als Adelige gelten. Bei Bruno de Vockinghusen handelt es sich also zweifellos um einen Angehörigen des niederen sächsischen Uradels. In einer weiteren Urkunde aus dem Jahre 1263 wird in Zusammenhang mit an das Kloster Welver verkauften Gütern neben dem Richter und dem Bürgermeister von Hamm und vielen weiteren Zeugen Florinus de Vockinchusen aufgeführt. Zusammenfassend ist festzustellen: Obwohl der Name Vöckinghausen auch in anderen Gegenden Deutschlands vorkommt, ist im Hinblick auf die räumliche Nähe zu den erwähnten Orten sowie auf die Herkunft der anderen Zeugen nicht daran zu zweifeln, daß es sich bei Bruno und Florinus de Vockinchusen um ein in Vöckinghausen bei Hamm beheimatetes Geschlecht handelt. Dieses Geschlecht ist dem niederen sächsischen Uradel der Edelfreien zuzuordnen. Die Ortsnamen mit "hausen" - Endungen verweisen auf eine Gruppe von Wohnsitzen mit einem Hauptsitz. Dieser wird wohl in Vöckinghausen der Sitz des Bruno und des Florinus de Vockinchusen gewesen sein. Möglicherweise weist in diesem Zusammenhang auch die Vöckinghausener Straßenbezeichnung "Im Borgholz" Auf diesen Adelssitz hin.

Hansekaufleute aus Vöckinghausen im Baltikum

Ende des 14. Anfang des 15. Jahrhunderts tritt eine Familie Veckichusen, Vickynchusen, Wickinchuzen, Vockinchusen, Voyckinchusen auf, aus der eine Anzahl von Hansekaufleuten hervor ging. Allem Anschein nach stammt diese Familie aus Vöckinghausen bei Hamm, u. U. auf dem Umweg über Soest. Als Bürger von Soest lassen sich nachweisen: 1306 ein Henricus Vöckinchusen, 1313 ein Winandus V., 1318 ein Fredericus V. und 1345 abermals ein Hinricus V. Wenn auch nicht mit Sicherheit geschlossen werden kann, daß Vöckinghausen bei Hamm der Ausgangspunkt dieser Familie zu sehen ist, so deuten doch etliche Hinweise auf diesen Zusammenhang. In Lievland ist der erste Träger dieses Namens Bertoldus Vickynchusen in Reval, in den Jahren 1342 - 1352 erst Ratsherr, dann Bürgermeister daselbst. Im Jahre 1369 wird ein Konrad Wickinchuzen in Reval genannt. Ein Ratsherr Zeries van Vioyckinchusen aus Dorpat vertritt diese Stadt in Pernau. In Reval wird ein Rotger Vockinchusen 1383 genannt, in Riga war Caesar Vockinchuzen oder Vockinghusen seit 1385 Ratsherr, von 1402 bis 1408 Bürgermeister. Ein Hermann Vockynhues tritt 1397 auf einer Versammlung in Marienburg auf, 1394 kommt ein Hans Vockinchusen in einem Schreiben an den Rat von Reval vor. Darüber hinaus tritt eine ganze Reihe weiterer Namensträger im Baltikum, aber auch in Brügge, Lübeck und in anderen Hansestädten auf. Noch zahlreicher werden die Vockinchusens im 15. Jahrhundert erwähnt. So ist auch von einer Klosterfrau Rixe Veckinghusen die Rede. Die Familie Vockinchusen hat somit eine weitverzweigte Gruppe von Kaufleuten gebildet, deren Verbindungen sich von Brügge bis Reval und Dorpat erstreckten. Eine besondere Bekanntheit aber erlangte Hildebrand Veckinchusen durch seine umfängliche bis heute erhaltene Korrespondenz von 550 Briefen. Diese geben ein anschauliches Bild über die weitreichenden Beziehungen und Geschäfte eines Hansekaufmanns um 1400. Hildebrand Veckinchusens Herkunft aus Westfalen wird deutlich, wenn er schreibt, daß er im Anfang des Jahres 1377 in Dortmund den Kaiser gesehen habe, zu einer Zeit, als er (Hildebrand) noch im Schellenkleid herumhüpfte, d.h. ein Kind war, und daß er im Sommer des folgenden Jahres Westfalen verlassen habe. Nach vielen erfolgreichen Transaktionen, einem insgesamt überaus abenteuerlichen Leben, von dem er aufgrund von Intrigen und eigenem Fehlverhalten vier Jahre im Schuldgefängnis zubrachte, verstarb Hildebrand völlig verarmt und verbittert in Lübeck.

Entnommen: Der Dorfbote Mitteilungen des Heimatvereins Norddinker Vöckinghausen und Frielinghausen Heft 10 1998

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